Schlehdorfer Weihnachten
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Die Schlehdorfer Weihnachtsgans – 689

Die Schlehdorfer Weihnachtsgans oder warum es in Schlehdorf beim „Harupfer“ am Heiligen Abend keine Weihnachtsgans gibt. Für alle sind die Bilder schön zum Betrachten, für wenige, die des bayerischen Dialekts mächtig sind, auch die Geschichte zum Lesen. Für alle, die der bayerischen Sprache nicht mächtig sind, gibt es eine hochdeutsche Fassung.

Die Geschichte spielt in Schlehdorf am Kochelsee im Jahre 1648. Der 30-jährige Krieg geht zu Ende und es herrscht große Armut und Elend im ganzen Land. Mein UrUr…Urgroß-Onkel in elfter Generation lebt am „Harupfer-Hof“. Er verdingt sich seinen Unterhalt als einziger Fischer für das Kloster Schlehdorf. Sein Name: Hans Wolf.

Der Hans vom „Harupfer“ lebt zu Schlehdorf am Kochelsee als Klosterfischer verdingt er sich, weil sonst keiner dem Dekan und seinem Konvent in der Fastenzeit oder am heiligen Tag einen Fisch bringt. Doch im Frühjahr tauscht er – auf der Glentleiten – mit dem Veith Wolf einen großen Aitel (karpfenartiger Fisch) gegen ein Gössel (kleines Gänseküken), das war seine größte Freude. Dieser Braten wird für den Heiligen Abend reserviert. So kommt es, dass er trotz aller Not, sein Gänschen hofiert.

Doch dem Gänschen darf ja nichts passieren, darum muss die kleine Anna als Gänseliesel auf es aufpassen. Das Gössel wächst und gedeiht. Agatha oder Thea wird es gleich genannt, bereits eine ausgewachsene Gans, die jetzt im Hof herumrennt.

Im Sommer geht die Anna mit ihrer Agathe am Steg zum Schwimmen im Kochelsee. Mit dem Hans sitzt sie auf dem Kahn beim Fischen, hüpft ins Wasser und zischt dann wie wild darin herum. Am Ende hörts sie gut und kommt immer wieder zurück. Der Hans grinst, da er sie bereits in einer Rotweinsoße schwimmen sieht.

Es sind schwere Zeiten. Und an so manchen Tagen im Jahr, war das Leben der Thea wegen dem Verkaufserlös oder Hunger in Gefahr. Aber die Anna meint, die Leute sollen ihre Agatha in Ruhe lassen. Sie geht in den Wald zum Beeren pflücken und Pilze suchen.

Am letzten Tag im Oktober läutet die Kirchenglocke. Der Dekan ruft „Leute – ein Wunder, ich darf frohe Kunde verbreiten. Der Krieg hat jetzt nach 30 Jahren ein Ende. Dem Herrn sei Dank, ihr werdet jetzt sehen, wie sich alles zum Besseren wendet.

Langsam werden die Tage kälter und vom See kommt dicker Nebel auf. Im November, kurz vor St. Martin, verschwindet die Anna. Sie und die Thea haben den „Braten“ gerochen und sich zur Sicherheit oben auf der Glent-Alm versteckt.

Der Hans schimpft ganz besorgt „.. weil es doch klar war, dass mein Federvieh nur für den Heiligen Abend war:“ Die Anna hat geweint, doch am Ende hat sie verstanden, dass aus ihrer Gans kein Hund, sondern der Weihnachtsbraten wird.

Auch der Christkindlmarkt war gut überstanden, obwohl – der Klosterbäck hat nach ihr geschaut und auch der Kaspar Zwerger ist ihr nach. Die Anna hat ihm nicht getraut, hat er doch 1628 eine Wildsau gestohlen. Das hat ihm niemand verziehen. Doch am Ende ist es gut ausgegangen und die Thea ist am Leben geblieben.

Es kommt der Tag vor dem Heiligen Abend. Ich habe es Euch schon einmal berichtet, vom Burghard und der Schlehdorfer Weihnachtsgeschichte. Aufruhr herrscht im ganzen Dorf, wir wissen es, dass Maria und Josef zur Christus Geburt zum Burghard am Kochelsee kamen.

Der Hans und seine Familie waren deswegen voller Eifer und haben daher auf das Schlachten der Gans ganz vergessen. Es gibt wichtigeres im Leben, dann wollen wir halt den leckeren Braten erst an den Festtagen essen.

Aber, wo ist jetzt bloß die Thea? Der Hans, 8 Kinder, auch seine Frau, alle haben sie geschaut, gesucht, gerufen – überall und ganz genau. Sein Junge, der Gregor, ist im Schnee bis auf die Glentleiten hochgespurtet, aber am Ende hat alles nichts geholfen, die Thea war verschwunden.

Das Ofenrohr kalt – vorbei der Traum vom Gänsebraten. „Wir hoffen bloß, dass sie lebt und nicht vom Fuchs geholt wurde. Dann machen wir uns heuer einmal ganz anders und schön, nur ausnahmsweise (und wie die letzten 200 Jahr bei den Wölfen), dann gibt es einen Fisch vom Karp(en)see.

Am Ende war es trotzdem eine gute Weihnachtszeit. Alle waren in der Messe und am Friedhof, alle haben sich gefreut, es wurde gefeiert, mehr oder weniger schön gesungen, gelacht, weil alle miteinander eine schöne Zeit verbracht haben, was die Hauptsache ist.

Die Geschichte werden sie am „Harupfer“ wohl nie vergessen. An keiner Weihnacht darf sie fehlen, und so kann man fast 400 Jahre danach auch heute noch gerne davon erzählen.

Fazit:

Auch wenn Du wie die Thea meinst, dass du deinem Schicksal nicht entrinnen kannst, glaubst dein Leben sei vorbestimmt, nur Mut, mach das Beste daraus. Du musst dich nur besinnen und dafür sorgen, dass es im nächsten Jahr anders kommt.

Und wenn dein Plan, so wie beim Hans, wegen Anderen nichts wird und du es nicht verstehst: gib nicht gleich auf, denn oft ist das Ziel gar nicht so wichtig, sondern der Weg und mit wem du ihn gehst.

Ich wünsche Euch eine schöne Weihnacht und schicke Euch einen Gruß. Immer dran denken, dass man nicht immer oder mit Gewalt einen Braten haben muss. Rutscht mit Karacho in das Neue Jahr und einer viel besseren Zeit, bleib gesund, lebt bunt und seit glücklich, aber immer in Frieden und in Bescheidenheit.

Hans Wolf

Halt, ich hätte es fast vergessen:

An Neujahr hat man die Agathe gefunden. Sie tat, als wäre nichts gewesen, war gut versteckt an einem sicheren Ort. Doch die Hauptsache ist, dass sie lebt und ihr nichts geschehen ist.

Doch schau! Gleich neben ihr, ganz ungewöhnlich für die Zeit, sie ist nicht allein – mein lieber Schwan! Da ist ein Nest mit drei Küken und zwei Eiern.

Weitere Beobachtungen und Fotogeschichten sind auf meiner Webseite unter https://isegrims-fotogeschichten.de zu sehen.

Kategorie: Schlehdorfer Weihnachten

von

Naturfotograf, Citizen Scientist Mitglied im Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) Mitglied beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Mitglied der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern e.V. Mitglied der Gesellschaft der Freunde des Botanischen Gartens München e.V.

2 Kommentare zu “Die Schlehdorfer Weihnachtsgans – 689”

  1. Hans Kollmannsberger sagt:

    Lieber Hans,
    eine sehr schöne Geschichte und sehr schön bebildert!
    Aber ehrlich, Fisch schmeckt doch eh besser! ;))

    Frohes Fest

  2. Fritz Siegel sagt:

    Guten Tag Zusammen,

    dieses Jahr war für einige von uns voller Begegnungen, Inspirationen und gemeinsamen Bildgenussmomenten – und dafür möchten ich mich bei Hans von Herzen bedanken.
    Weihnachten ist der perfekte Anlass, um diese Dankbarkeit auszusprechen und Ihnen eine festliche Auszeit zu wünschen. Möge Ihr Zuhause von Wärme erfüllt sein, von Menschen, die Ihnen guttun, und von Augenblicken, die Sie mit Freude ins neue Jahr tragen.

    Ich wünschen Ihnen frohe Weihnachten und einen gesunden, glücklichen Start in ein genussreiches 2026.

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